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3. Sonntag der Osterzeit 1999

Thema: 153 Fische?
Lesg./Ev.: Joh 21,1-14
am 18.04.99 10:30 in Eschenbach
alternativ:
Emmauspredigt!
von Eberhard Gottsmann, OStR

Lesung / Evangelium:

Joh 21:1 Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal. Es war am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise. 2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus (Zwilling), Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. 3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. 4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wußten nicht, daß es Jesus war. 5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. 7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, daß es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. 8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot - sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen - und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. 9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot. 10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt. 11 Da ging Simon Petrus und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriß das Netz nicht. 12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und eßt! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wußten, daß es der Herr war. 13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. 14 Dies war schon das dritte Mal, daß Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

Predigt

Liebe Christen!

Die Nachtfischerei am See Gennezaret, von der im heutigen Evangelium die Rede ist, hat sich bis heute nicht viel geändert. Es ist immer noch ein wundervoller Anblick, wenn die Boote mit brennenden Fackeln über den glitzernden See dahingleiten und die Männer eifrig Ausschau halten. Sobald sie ihre Beute erspähen, werfen sie blitzschnell ihre sorgfältig zusammengelegten Glockennetze aus. Heute wie damals rufen Gefährten der Fischer vom höher gelegenen Ufer aus zu, nach welcher Seite, links oder rechts, der Werfer sein Netz zu schleudern hat.

Eigentlich also nichts Besonderes, vor allem kein Wunder.

Und doch ist einiges geheimnisvoll an der Erzählung. Merkwürdig ist schon die Tatsache, daß die Jünger Jesus, der in Rufweite am Ufer steht, nicht erkennen. Mit der äußeren Begegnung scheint die innere Begegnung noch nicht erfolgt zu sein! Auch hier - wie in der Emmausgeschichte des Lukas - erfahren die Jünger erst im Zeichen des Mahles die eigentliche, die innere Beziehung zum Auferstandenen.

Seltsam ist weiterhin, daß sie auf den Zuruf eines Fremden das Netz auswerfen.

Und schließlich ist der Fang selbst geheimnisvoll: 153 Fische.

Wieder einmal ist es der "Lieblingsjünger", dem als erster ein Licht aufging - so wie damals in der Morgenfrühe am Grab. Durch ihn erfährt es erst Petrus, der - wie damals - sofort reagiert. Nebenbei: völlig nackt war Petrus natürlich nicht, die Fischer trugen einen Lendenschurz. Daß er schnell sein Obergewand anzog, hat seinen Grund im jüdischen Gesetz, nach dem eine Begrüßung ein religiöser Akt ist, der ordentlich gekleidet vollzogen werden muß.

Wie immer, muß man auch hier fragen, was der Evangelist eigentlich sagen will. Viele Menschen behaupteten nämlich, daß die Erscheinungen Jesu nichts als Visionen der Jünger seien. Daher bemühen sich alle Evangelienberichte zu zeigen, daß es sich dabei nicht um Sinnestäuschungen, sondern um Realität handelte. Alle betonen, daß das Grab Jesu leer war und daß der Auferstandene einen richtigen Körper gehabt habe, der sogar noch die Wundmale aufwies, daß Jesus eine Mahlzeit zubereitet und selber gegessen habe. Es war also keine Halluzination und Täuschung, sondern eindeutig Jesus selbst, der den Tod überwunden hatte.

Wie erwähnt, kommt in dieser Geschichte noch etwas anderes symbolisch zum Ausdruck. Im vierten Evangelium ist alles, was gesagt wird, von Bedeutung, daher ist kaum anzunehmen, daß der Evangelist die Zahl der Fische ohne besondere Absicht mit 153 angegeben hat. Tatsächlich ist auch eine Reiche geistreicher Vermutungen über diese Zahl angestellt worden.

Kyrillos von Alexandrien (+444) hat behauptet, die Zahl setze sich aus drei Bestandteilen zusammen: 100 verkörpere die Gesamtheit der Heiden. 100, so sagt er, ist die vollständigste Zahl. Der volle Ernteertrag sei hundertfältig - also bedeutet sie hier die Gesamtheit der Heiden, die für Christus eingebracht werden soll. Die Zahl 50 bedeute das restliche Volk Israel, das ebenfalls für das Reich Gottes eingebracht werden soll, und die Zahl 3 schließlich sei die Dreieinigkeit Gottes, zu deren Verherrlichung alles geschehe.

Augustinus (354-430 n. Chr.) kam auf einen anderen Gedanken. 10 ist die Zahl der Gebote, 7 die Gnadenzahl (vergleichen Sie die 7 Gaben des Geistes). 7 + 10 ergibt 17. Die Summe der Zahlen von 1 bis 17 ergebe 153. Deshalb verkörpert nach Augustinus diese Zahl die Menschen, die entweder durch das Gesetz, oder aber durch die Gnade Gottes zu Jesus kämen. Na ja, eine etwas hergeholte Erklärung.

Elmar Gruber schlägt folgende Deutung vor: "Die Zahl 153 ist ein Symbol für "alle". (Die Zahl 153 ist aus den ersten drei Primzahlen 1,3,5 in der Reihenfolge 1-3-2 gebildet)".

Noch geistreicher ist folgende Idee - leider weiß ich nicht mehr, von wem sie ist: am Pfingstfest, so kann man in der Apostelgeschichte nachlesen, seien 17 Völker in Jerusalem versammelt gewesen. Und wenn man die Zahlen 1+2+3 und so weiter bis 17 zusammenzählt, kommt man - ja richtig, auf 153!

Die einfachste Erklärung dagegen liefert der heilige Hieronymus (+ um 420). Er behauptet, daß es 153 verschiedene Meeresfische gäbe. Also sei diese Zahl ein Symbol dafür, daß eines Tages alle Völker, so verschieden sie auch sind, für Jesus eingebracht würden.

All diese Zahlenspielereien haben eines gemeinsam: sie sehen den reichen Fischfang als Bild für die Mission! Wenn die Botschaft Jesu von der unendlichen, unverlierbaren und bedingungslosen Liebe Gottes wirklich unverfälscht verkündet wird, dann werden alle Menschen "Kirche", wobei damit nicht eine Institution gemeint ist, sondern ganz wörtlich "kyriaké" - die "Gemeinschaft derer, die zum Herrn gehören"; und zwar deshalb, weil diese Botschaft genau das ist, wonach sich im Grunde alle Menschen sehnen.

Ein weiterer und letzter Punkt erscheint mir besonders heute wichtig: es gibt heute viele sektiererische kirchliche Gruppen, die bestimmte Leute ausschließen möchten, weil sie anderer Meinung sind oder andere Vorstellungen verwirklichen möchten. Der Verfasser des Johannesevangeliums dagegen macht uns auf anschauliche Weise klar, daß das Netz, also die Kirche, weit und belastbar genug ist, sämtliche Menschen aller Völker, Rassen und Anschauungen aufzunehmen. Weder Schranken noch Ausschließlichkeitsansprüche sind da am Platz. Wie die Liebe Gottes allen Menschen gilt, so gilt auch der Dienst der Kirche allen

AMEN

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