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Verhältnis von Kirche und Staat zur Zeit Kaiser Konstantins und im Mittelalter

Unter Kaiser Konstantin wurde die eben noch verfolgte Kirche geduldet (313), bald auch offiziell anerkannt; 391 sogar zur römischen Staatsreligion (unter Kaiser Theodosius).

Konstantin übernimmt die Idee Diokletians: Einigung des Reiches, aber diesmal unter christlichem Vorzeichen. Das Christentum bekam die gleiche Aufgabe wie vorher die römische Religion: den Interessen des Staates zu dienen. Die Kirche ihrerseits war ihrem Befreier dankbar. Der Staat braucht und gebraucht die Kirche - die Kirche wird abhängig.

POSITIVE SEITE:

Keine Verfolgung mehr; Kirche wird wichtiger Faktor im Staat; mittels der Kirche ist Einfluß und Reichtum zu erreichen.

Bischofskirchen werden erbfähig.

Abendland wird humaner: Kreuzigungsstrafe abgeschafft, Gladiatorenkämpfe allmählich verboten, Los der Sklaven bessert sich allmählich.

Kirchenorganisation wird vom Römischen Staat übernommen: Bischofssitze in großen Städten; Diözese ist römische Verwaltungseinheit. Römisches Rechtsdenken beeinflußt theologisches Denken und Sakramentenverständnis (positiv??).

Christliches Leben kann sich frei entfalten. Heilige Schriften werden auf Anordnung Konstantins auf Pergament geschrieben. Große Konzilien: gemeinsames Glaubensbekenntnis erreicht, Lehre vertieft.

Kleriker zahlen keine Steuern, leisten keinen Wehrdienst; ohne Geldsorgen Seelsorge.

Bischöfe werden Reichsbeamte; Richter bei Zivilrecht. Hohes Ansehen: Thron, Kniefall, Anrede, Weihrauch, Fackelbegleitung.

Christen erhalten beschlagnahmte Kirchen und Friedhöfe zurück. Bedürftige Gemeinden staatlich unterstützt. Bald Kirchen zu klein: Versammlung in Markt- und Gerichtshallen (Basilika), gleicher Name von überall entstehenden Gotteshäusern.

NEGATIVE SEITE:

Karrieremenschen und Mitläufer werden Christen - Volks- und Massenkirche entsteht. Heidnische Vorstellungen vermengen sich mit dem Christentum. Aus der Erbfähigkeit wird später der kirchliche Besitz und Kirchenstaat.

Bald folgen erste Tempelzerstörungen; Verfolgung Andersgläubiger (ab 380), nichtchristliche Hochschulen geschlossen, olympische Spiele verboten. Intoleranz der Christen.

Auf dem Land nur zögernde Durchsetzung („Pagani" = Heiden). Benachteiligung: nur Getaufte haben Anspruch auf Staatsbürgerrechte. Christen müssen als "christliche Soldaten" den Staat verteidigen.

Dogmatische Festlegung auf Kosten der Meinungsvielfalt. Unterlegene Gegner werden aus der Kirche ausgeschieden, mit Unterstützung und Zwangsmitteln des Staates.

Schon 320 verboten: Aufnahme von Reichen in den Klerikerstand (Steuern!)

Kluft Bischöfe - Klerus und Volk. Reisen der Bischöfe auf Staatskosten (kaiserliche Reichspost). Bald Klagen über zu häufige Benutzung.

Vorbild der Basilika: "Haus des Königs", der kaiserliche Palast. Vorhang trennt Kaiser vom Volk - Chorschranke trennt "Welt" von der heiligen Liturgie (vgl. Ikonenwand der Ostkirche, Lettner in Westkirche). Als "Pontifex maximus" (als römischer Kaiser war er oberster Priester!) beeinflußt er Lehre und kirchliche Belange. Kirche sehr vom Staat abhängig.

Kaiser Konstantin ließ politische Gegner, auch seine Frau und seinen ältesten Sohn ermorden. Auf dem Konzil von Nikaia (Nicäa) setzte er sich gegen Arius ein, der behauptete, Christus sei nur Mensch, wenn auch vor aller Zeit geschaffen, und bannte ihn mitsamt dessen Anhängern. In seinen letzten Lebensjahren begünstigte er aber dessen Anhänger und ließ sich selbst kurz vor seinem Tod von einem arianischen Bischof taufen. Apollo soll er mit Christus identifiziert haben. Seine Interessen waren kaum religiös („Lappalien"), eher politisch geprägt: Reichseinheit, Ordnung im Staat!

Nachdem Konstantin seine Hauptstadt nach Byzanz verlegt hatte, verlagerte sich der Schwerpunkt nach dem Osten. 395 erfolgte eine förmliche Trennung: Weströmisches und Oströmisches Reich. Immer mehr trennten sich Ost und West:

- Im Abendland verschwand die griechische Sprache (lateinisch!)

- Die Patriarchen des Ostens weigerten sich, sich dem römischen Bischof unterzuordnen (Konstantinopel betrachtete sich zumindest als gleichrangig mit Rom!)

- Verschiedenheit der Volksmentalitäten

- allmählich dogmatische und liturgische Unterschiede.

 

Verhältnis Kirche und Staat im Mittelalter

"Silvester-Legende" (5. Jh.):

Kaiser Konstantin sei von Papst Silvester (314-335) vom Aussatz befreit und getauft worden. Aus Dankbarkeit habe der Kaiser die Herrschaft über Rom und die "westlichen Länder" dem Papst übertragen.

"Konstantinische Schenkung"

Fälschung des 8. Jahrhunderts (erst im 15. Jh. als Fälschung erkannt!), daß Kaiser Konstantin die Herrschaft über Rom und alle zu Italien oder zum Abendland gehörigen Provinzen Papst Silvester und seinen Nachfolgern übertragen habe.

Wirkung: Erleichterung künftiger Forderungen der Päpste auf Gebietserweiterung (Kirchenstaat!), politische Selbständigkeit; später Idee einer Oberherrschaft des Papstes über das Abendland (seit 11. Jahrhundert).

Zwei Schwerter - zwei Gewalten:

Bereits Ende des 5. Jh. schreibt Papst Gelasius an den byzantinischen Kaiser: „... ist die Aufgabe der Bischöfe um so schwerer, als sie auch für die Könige der Menschen vor Gottes Gericht Rechenschaft abzulegen haben. Denn du weißt, daß du obgleich an Würde erster des Menschengeschlechtes, dich dennoch denen, die über die göttlichen Dinge gesetzt sind, zu beugen hast."

Zu bedenken ist:

• Die Päpste (im Westen) halfen den bedrängten Menschen Italiens während der Völkerwanderung, während der Kaiser im Osten nicht helfen konnte.

• Beim Hunnenansturm 452 trat Papst Leo 1. Attila entgegen und bewegte ihn zur Umkehr. Er verhandelte ebenso mit dem Wandalenherrscher Geiserich, der daraufhin Rom einigermaßen schonte (455).

• Ähnlich war es am Ende des christlichen Altertums bei Gregor 1.: während der Langobardenbedrohung half er bei Seuchen und Hungersnot der Bevölkerung. Er kümmerte sich um die Missionierung der Germanen. Weiter achtete er auf eine gute Verwaltung der Kirchengüter und vermehrte sie. Damit legte er die Grundlagen des späteren Kirchestaates.

Im Mittelalter versuchten einige Päpste, den Anspruch des Gelasius durchzusetzen:

Gregor VII (1073-85): "Der Papst hat die Macht, Kaiser abzusetzen", "er selbst darf von niemand gerichtet werden".

Papst Innozenz III. (1198-1316) war sogar der Herrschaft über das Abendland nahe.

Papst Bonifatius VIII. (1294-1303) schreibt: "Christus verfügt über zwei Schwerter, ein geistliches und ein weltliches, das lehren uns die Worte des Evangeliums [Lk 22,39 und Mt 26,52: "Hier sind zwei Schwerter". Jesus lehnte es aber ab, sich gewaltsam seiner Gefangennahme zu widersetzen. Zu Petrus sagte er: "Stecke dein Schwert wieder weg."] ... Beide Schwerter hat die Kirche in ihrer Gewalt, das geistliche und das weltliche. Dieses aber ist für die Kirche zu führen, jenes von ihr ... Ein Schwert aber muß dem anderen untergeordnet sein; die weltliche Macht muß sich der geistlichen fügen."

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