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26. Jahressonntag

Thema: Ja sagen - nein tun
Lesg./Ev.: Mt 21,28-32
gehalten am 26.09.1999 10:30h in ESB von Eberhard Gottsmann, OStR

Evangelium Mt 21,28-32

Jesus sprach zu den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes: 28 Was meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg! 29 Er antwortete: Ja, Herr!, ging aber nicht. 30 Da wandte er sich an den zweiten Sohn und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn, und er ging doch. 31 Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der zweite. Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, das sage ich euch: Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr. 32 Denn Johannes ist gekommen, um euch den Weg der Gerechtigkeit zu zeigen, und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen, und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt.

Predigt

Liebe Christen!

Wir merken normalerweise überhaupt nicht, wie großartig es ist, daß wir sprechen können. Das wird einem erst dann bewußt, wenn man sich mit einem Ausländer, der kein Deutsch spricht, unterhalten will.

Mit der Sprache kann man mitteilen, was einen innerlich bewegt; man kann seine Wünsche und Phantasien ausdrücken; man kann sachliche Informationen austauschen und man kann dem anderen mitteilen, was man für ihn fühlt, was einem an ihm gefällt und was einen stört.

Mehr noch: mit Worten kann man ganze Welten erschaffen, Schicksale erfinden und sie so eindringlich schildern, daß man darüber die Wirklichkeit vergißt. Romane oder andere literarische Werke sind ein Beispiel dafür.

Man könnte die Sprache in gewisser Hinsicht mit der Kleidung vergleichen: genauso, wie es Regeln dafür gibt, was man zu bestimmten Gelegenheiten anzuziehen hat - man kann z. B. auch an heißen Tagen nicht in Badekleidung die Wagnerfestspiele in Bayreuth besuchen, - so gibt es auch Regeln dafür, was man in bestimmten Kreisen sagen kann und worüber man besser den Mund hält, damit man sich Peinlichkeiten erspart.

Ein weiterer Vergleichspunkt: beide, Sprache wie Kleidung, können „verkleiden", können etwas vortäuschen, was in Wirklichkeit gar nicht so ist. Wir alle kennen die schönen, aber leere Worte, die bei der Ehrung von Mitarbeitern oder am Grabe gesprochen werden. Manchmal werden wir mit billigen Sprüchen abgespeist, wo wir sofort merken, daß nichts dahintersteckt - sofern wir kritisch genug sind.

Auch mit Worten kann man also Theater spielen, sich „verkleiden", wie uns das heutige Gleichnis deutlich macht:

Der erste Bruder, der Jasager, ist ausgesucht höflich. Auf die Bitte des Vaters, im Weinberg zu arbeiten, sagt er freundlich: „Ja, mein Herr, selbstverständlich mach ich das!", tut aber überhaupt nicht, was der Vater von ihm verlangt.

Der zweite Bruder ist weniger verbindlich. Er sagt deutlich, daß er keine Lust zur Arbeit hat. Dann aber wird er nachdenklich und geht, um den Auftrag des Vaters doch noch zu erledigen.

Wir merken: beide sind keine Mustersöhne, denn bei beiden stimmen Wort und Tat nicht überein. Aber der zweite ist uns trotzdem bei weitem sympathischer als der erste - trotz seiner guten Umgangsformen -, denn wir sind durchaus der gleichen Meinung wie Jesus: Nicht auf bloße Worte kommt es an, sondern auf Taten!

Und Gott? Er scheint genauso zu denken. Nach einem Ausspruch Jesu kommt man nicht ins Himmelreich, indem man eifrig „Herr, Herr" sagt, sondern indem man den Willen des Vaters erfüllt. In die gleiche Richtung geht der Ausspruch: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!"

Das kann uns zweierlei deutlich machen:

1. daß wir hellhörig sein müssen, wenn manche Blender uns mit wohlgesetzten Worten hinters Licht führen wollen; wir müssen sehr genau hinsehen, ob auch ihre Taten damit übereinstimmen. Das gilt für Politiker wie für Privatpersonen! Und

2. daß wir mit unserem Urteil sehr vorsichtig sein müssen: denn es gibt neben uns Menschen, die weitaus besser sind als das, wozu sie sich nach außen, mit Worten, bekennen.

Der eine ist aus der Kirche ausgetreten; der andere nennt sich einen Skeptiker oder Atheisten; ein anderer bekennt sich als Materialist. Und doch kann es sein, daß sie ihren Mitmenschen gegenüber eine Hilfsbereitschaft, Großzügigkeit und Güte an den Tag legen, wie sie der frömmste Christ nicht besser üben könnte. So bejahen sie durch ihre Taten, was sie eigentlich in Worten verneinen. Und da Gott mehr auf Taten als auf Worte schaut, dürfen wir sicher sein, daß er mit ihnen trotzdem zufrieden ist.

Liebe Christen!

Diese beiden Brüder des Gleichnisses stecken in uns allen. In jedem von uns steckt so ein Jasager und zugleich ein Neinsager. Wir alle neigen zu einem gewissen Grad von Unwahrhaftigkeit, zu einer Diskrepanz zwischen Reden und Tun, zwischen Worten und Taten.

Jesus aber hat sich wahrheitsliebende Jünger gewünscht, die wie er lauter und wahr sind, deren Ja ein Ja und deren Nein ein Nein bedeutet. Hellwach sein - nicht nur anderen, auch dem eigenen Verhalten gegenüber!

Aber - reden wir nicht länger darüber, handeln wir einfach!

AMEN

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