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Christi Himmelfahrt 1999

Thema: Himmelfahrt - heute
Lesg./Ev.: Apg 1,1-11
gehalten am 13.05.99 10:30 in Eschenbach
von Eberhard Gottsmann, OStR

Lesung:

1:1 Im ersten Buch, lieber Theophilus, habe ich über alles berichtet, was Jesus getan und gelehrt hat, 2 bis zu dem Tag, an dem er (in den Himmel) aufgenommen wurde. Vorher hat er durch den Heiligen Geist den Aposteln, die er sich erwählt hatte, Anweisungen gegeben. 3 Ihnen hat er nach seinem Leiden durch viele Beweise gezeigt, daß er lebt; vierzig Tage hindurch ist er ihnen erschienen und hat vom Reich Gottes gesprochen. 4 Beim gemeinsamen Mahl gebot er ihnen: Geht nicht weg von Jerusalem, sondern wartet auf die Verheißung des Vaters, die ihr von mir vernommen habt. 5 Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet schon in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft. 6 Als sie nun beisammen waren, fragten sie ihn: Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her? 7 Er sagte zu ihnen: Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. 8 Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde. 9 Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken. 10 Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, standen plötzlich zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen 11 und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.

Predigt:

Liebe Christen!

Wenn heute jemand behaupten würde, Blitze seien Zornausbrüche des Göttervaters Zeus, dann würde man ihn nur mitleidsvoll belächeln. Und trotzdem: viele Tausende von Menschen haben das einst geglaubt.

Oder wenn heutzutage jemand Adam und Eva als die ersten Menschen bezeichnen würde, durch deren Sexualverkehr die Erbsünde auch auf uns übertragen wurde, so daß wir seitdem die ursprüngliche Sündenlosigkeit, Leidenslosigkeit und Unsterblichkeit verloren haben, dann würde man ihn einfach als naiv und ungebildet bezeichnen. Denn längst haben die Bibelwissenschaftler herausgefunden, daß die Sündenfallgeschichte nur eine Bild- oder Gleichniserzählung ist, die den heil- und gottlosen Zustand der Welt erklären möchte.

Heute weiß bereits jedes Kindergartenkind, daß auch der liebe Gott nicht über den Sieben Himmeln - senkrecht über uns - im Himmlischen Jerusalem thront, sondern daß Gott weder in Raum noch Zeit zu finden ist, sondern über Raum und Zeit steht, weil er ja beides geschaffen hat.

Ähnlich verhält es sich mit der Lesung aus der Apostelgeschichte, in der von der sogenannten „Himmelfahrt Jesu" die Rede ist. Wer sich heute noch vorstellt, daß Jesus wie eine Rakete in die Höhe geschossen ist, muß sich sagen lassen, daß der Meister dann noch immer unterwegs wäre, selbst wenn er mit Lichtgeschwindigkeit flöge. Unser Weltbild deckt sich nun mal nicht mehr mit dem antiken und mittelalterlichen.

Und trotzdem: diese Himmelfahrtsgeschichte, die Lukas in seiner Apostelgeschichte erzählt, steckt voller lohnender Hinweise und Gedanken, die so zeitlos und für uns wichtig sind, daß man sich durch das überholte Weltbild nicht von einer eingehenden Betrachtung abschrecken lassen sollte.

Auch heute, mit dem immensen Wissen, das wir inzwischen angesammelt haben, ist die „Heimkehr Jesu zum Vater" - und ebenso unser aller „Heimkehr" ein Ereignis , das außerhalb jeglicher menschlicher Vorstellungsmöglichkeit liegt.

Ganz sicher würden wir diese Szene heute auch ganz anders darstellen; manche würden von höheren Dimensionen sprechen, in die Jesus eingegangen ist; wieder andere, wie Luise Rinser, würden es so ausdrücken:

"Aufgestiegen nicht, sondern hineingestiegen, eingedrungen in uns...
Wohin geht das Licht, wenn es erlischt?
Und wohin sollte das Licht gehen, da es doch ein unauslöschliches ist?"

Einfacher würde ich es ausdrücken: Jesus ist uns vorausgegangen, wohin wir alle nachzukommen hoffen: zur Herrlichkeit Gottes.

Wir müssen uns halt eingestehen, daß uns jede Vorstellung und jedes Wort fehlt, um das auszudrücken, was wirklich, sozusagen historisch, geschehen ist.

Aber viel wichtiger als alle „nackten Daten", als alle „Informationen" ist die Bedeutung, die uns Lukas vermitteln will. Und die läßt er Engel, Boten Gottes, sagen; scheinbar nur den Aposteln, aber in Wirklichkeit uns allen:

„Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt hingehen sehen."

Mit anderen Worten: Klammert euch doch nicht an den leiblichen, sichtbaren, historischen Jesus. Die Zeit seiner irdischen Gegenwart ist vorbei. Dieser Jesus ist uns endgültig genommen. Schaut auf Heute und Morgen: auf Jesus, wie er unter uns, in seiner Kirche weiterlebt, schaut auf die Aufgaben, die er euch gestellt hat: Zeugen in aller Welt zu sein - Zeugen für die Liebe Gottes. Schaut darauf, wie er uns in den Mitmenschen begegnet! Und schaut voll Hoffnung auf seine Wiederkunft, das heißt auf die Vollendung des Gottesreiches.

Laßt euch also nicht von euren persönlichen Ängsten und Wünschen bestimmen, sondern macht es wie die Mutter Jesu, die Lukas sprechen läßt: „Mir geschehe, wie du gesagt hast" - überlaßt es IHM, dem Allmächtigen, denn er ist unserem Denken und Tun haushoch überlegen.

Erkennt endlich, daß Jesus nicht wirklich von euch gegangen ist, sondern daß er nur die Form seiner Gegenwart geändert hat. Er steht nicht mehr neben euch wie ein Mitmensch und Freund; er lebt vielmehr in euch, wenn ihr seine Worte meditiert; wenn ihr miteinander von ihm sprecht und zu ihm betet; wenn ihr in seinem Namen das Brot brecht; wenn ihr Menschen begegnet, die euch Gott nahebringen.

So etwa würde ich die Botschaft des Engels verstehen; er fordert von uns, nicht durch den Blick auf den Himmel die Welt zu übersehen (wie es Karl Marx uns Christen vorgeworfen hat und wie es im vergangenen Jahrhundert auch oft genug geschehen ist). Er richtet unsere Aufmerksamkeit vielmehr auf den Auftrag, den uns der Herr erteilt hat: durch unser Reden und Handeln andere von Gott zu begeistern, andere von ihren Ängsten, von ihrer Blindheit und ihrer Lähmung zu befreien und ihnen die Vergebung Gottes zu versichern, also auf neue Weise die Werke Jesu weiterzuführen.

Dabei sind wir nicht alleingelassen. Er selbst ist uns nahe - näher, als er es uns als irdischer Mensch nie sein konnte! Denn seht, „ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt".

AMEN

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