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Floriansfest 2000

Thema: Florian, der Wasserkübelmann
Lesg./Ev.: Mt 16,24-27
gehalten am 06.05.00 um 19:00h in Heinersreuth (Waldkapelle)
von Eberhard Gottsmann, OStR

Evangelium nach Lukas

Mt 16,24 Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 25 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen. 26 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen? 27 Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommen und jedem Menschen vergelten, wie es seine Taten verdienen.

Predigt

Liebe Festgemeinde, liebe Mitglieder der Feuerwehren!

An vielen katholischen Häusern, vor allem aber an Feuerwehrgerätehäusern, prangt das Bild eines römischen Offiziers mit Helm und Fahne. Aber anstelle eines Schwertes hält er einen Wasserkübel in der Hand, womit er das Feuer eines brennenden Hauses löscht. Die meisten von uns kennen seinen Namen: es ist der heilige Florian, der besonders als Patron in Feuersgefahr, aber auch in Wassernot verehrt wird. Wenn man aber nach seinen Lebensumständen und dem Grund für dieses Patronat fragt, dann dürften selbst manche altgedienten Feuerwehrler die Schultern zucken.

Ehrlich gesagt: die wirklich historischen Lebensdaten sind auch ziemlich spärlich, und selbst die werden noch von manchen Forschern angezweifelt. Aber wie bei jedem bedeutenden Menschen bilden sich im Lauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte zahllose Legenden, die zwar alle erfunden sind, aber trotzdem etwas Wertvolles aussagen können. Denn Legenden sind immer Bedeutungsgeschichten - und die Bedeutung eines Menschen ist viel wichtiger als die bloßen Lebensdaten.

Ein hoher Militärbeamter in Noricum, dem heutigen Oberösterreich, soll er gewesen sein, der Offizier Florian, und zwar zu einer Zeit, da der römische Kaiser Diokletian die Christen besonders heftig verfolgte. Dieser Kaiser hatte im Prinzip nichts dagegen, wenn jemand einen anderen Glauben hatte - aber er verlangte um der Einheit des Reiches willen, daß man auch den römischen Göttern opferte. Auf diese Weise sollte man zeigen, daß man sich mit dem römischen Reich solidarisch fühlte - wogegen nun wieder die Christen nichts haben konnten. Aber ihr strenger Eingottglaube verbot ihnen, außer Gott auch noch andere Göttern zu verehren, nochdazu, wo die Christen erkannt hatten, daß die nur in den Hirnen der Menschen existierten.

Florians Chef, der Statthalter Aquilinus, führte den Befehl des Kaisers gehorsam aus und ließ die Christen seiner Provinz aufspüren und ins Gefängnis werfen. Er hätte sie sofort freigelassen, wenn sie das verlangte Opfer dargebracht hätten - aber die meisten Christen weigerten sich tapfer. So kam es, daß inzwischen bereits vierzig Christen, darunter auch Soldaten, auf ihren Tod warteten.

Als der Offizier Florian davon hörte, machte er sich sofort auf, um ihnen beizustehen. Da stößt er auf dem Weg auf eine Truppe, die den Auftrag hatte, Christen zu verhaften. Sofort bekannte sich Florian als Christ und ließ sich von ihnen zu seinem Chef Aquilinus bringen.

Der war nun in einer peinlichen Lage. Hier der Befehl des Kaisers - und da die Sympathie und Hochachtung gegenüber einem tüchtigen Offizier! Daher versuchte er mit freundlichen Worten, Florian zu einem Opfer zu überreden. Als der entgegnete, bereit zu sein, für Christus jede Qual zu erleiden, machte der Statthalter einen psychologischen Fehler. Er begann nämlich, den Florian auszuspotten, so nach dem Motto: „Na, dann schauen wir doch mal, wieviel du aushalten kannst!"

Florian reagierte mit Trotz. Er betete laut zu Gott um Kraft, damit er alle Folterungen ertragen könne. Da war auch beim Statthalter die Freundlichkeit zu Ende und er geriet in Wut. In brutaler Weise ließ er seinen eigenen Offizier martern, und als der keine Anstalten machte, klein beizugeben, verschärfte er die Folter noch.

Schließlich reichte es Aquilinus, und er gab den Befehl, Florian einen Stein um den Hals zu binden und in die Fluten der reißenden Enns zu versenken. Auf der Brücke - im Gebiet des heutigen Lorch - angekommen, kniete Florian nieder und empfahl freudig seine Seele Gott, was die Umstehenden sichtlich beeindruckte - denn keiner wollte den tapferen Offizier in die Tiefe stürzen. Da drängte sich plötzlich ein junger Mann durch die Menge und gab dem Gefesselten von rückwärts einen Stoß, so daß der über die Brücke in den Fluß stürzte. Nach der Legende soll der selbsternannte Henker daraufhin blind geworden sein. Auch andere Legenden gibt es, die von der wunderbaren Bergung der Leiche sprechen, aber die möchte ich mir lieber ersparen.

Denn solche erfundenen Wundergeschichten verdunkeln oft die Botschaft, die uns solche Geschichten vermitteln können.

Welche Botschaft könnte das im Fall des Florian sein?

Denken wir dran: als hohen, angesehenen Offizier hätte man ihn mit Sicherheit in Ruhe gelassen; wahrscheinlich hätte er sich sogar auf Dauer aus der ganzen Sache heraushalten können. Aber er tut es nicht. Er versucht seine Stellung als kaiserlicher Beamter zu nutzen, um seinen bedrohten und verfolgten Christen zu helfen. Er läßt sich freiwillig als Gefangener zu seinem Chef bringen, wahrscheinlich, um ihm zu zeigen: „Schau her, ich, dein treuer Offizier, bin doch auch ein Christ. Also kann es mit der Staatsfeindlichkeit der Christen nicht so weit her sein!"

Natürlich kann die Sache schief gehen - und sie ist ja auch schief gegangen. Woran lag das? Sein Vorgesetzter, der Statthalter Aquilinus, stand vor einem Dilemma. Entweder folgt er seinem Gewissen, seiner tieferen Einsicht, seiner Menschlichkeit, und läßt die Christen laufen - oder er führt stur einen Befehl des Kaisers aus. Er hat sich für den Gehorsam entschieden und gegen sein Gewissen, wie es in der Weltgeschichte so oft geschehen ist und noch immer geschieht. Aber ein Versuch war es - und Florian hätte sich ein Leben lang Vorwürfe gemacht, wenn er diesen Versuch nicht gewagt hätte.

Oder anders ausgedrückt: aus Verantwortung für seine Mitchristen hält er sein Leben nicht fest, sondern ist bereit, es in den Tod zu geben - was dann ja auch geschehen ist.

Und schon haben wir die Verbindung mit unserer Feuerwehr geschafft: Es gibt auch heute noch Menschen, die sich nicht aus allem „heraushalten" wollen. Wenn der andere in Not ist, kann man sich natürlich einreden: „Das ist sein Problem - mich betrifft das gottseidank nicht!" Es gibt genügend Leute, die das so sehen, das können Sie mir glauben. Aber immer wieder gibt es auch die anderen, denen das nicht egal ist, was mit anderen Menschen passiert. Dabei geht es natürlich nicht immer um den Einsatz des Lebens - obwohl gerade Feuerwehrleute immer auch in Lebensgefahr sind. Meist sind es einfach nur Nachteile, die wir in unserer Sorge für den Nächsten in Kauf nehmen müssen. Oft ist es nur die Freizeit, die man für andere opfert, manchmal ist sind es auch finanzielle oder geschäftliche Nachteile. Aber auch das ist schon „Heiligkeit" - keine große Sache, aber ganz im Sinne Jesu. Auch er hat seine eigenen Interessen hintangestellt, um für andere da zu sein, um andere heil zu machen. Sein ganzes öffentliches Leben war eine Illustration seiner Lehre, nämlich: daß der Sinn des Lebens darin besteht, die Liebe und Sorge für die Mitmenschen wichtiger zu nehmen als den eigenen Vorteil, die eigene Sicherheit und Bequemlichkeit.

Das Floriansfest, das wir heute nachfeiern - denn eigentlich hätte es schon auf den 4. Mai getroffen - ist immer wieder Anlaß, allen Menschen zu danken, die sich nicht aus allem heraushalten, sondern kräftig mit anpacken, wenn Not am Mann ist. Und ganz besonders gilt der Dank unserer Feuerwehr, denen ich hiermit den Ehrentitel „Florians-Jünger" erteile. Was wäre, wenn wir Euch nicht hätten!

AMEN

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